Breitlings Comeback: Vom Tiefpunkt zurück an die Spitze

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Der zweite Teil der Breitling-Historie befasste sich mit den weiteren Modellentwicklungen der Schweizer Uhrenmanufaktur. Das Unternehmen war breit aufgestellt und bediente nicht nur flugaffine Kundinnen und Kunden. Doch die Quarzkrise in den 1970er Jahren setzte vielen Marken zu, so auch Breitling, das für einige  Zeit die Produktion sogar einstellen musste. Ein neuer Mann an der Spitze sollte jedoch für die Wende sorgen und die Manufaktur wieder zu alten Höhen führen.

Am 5. April 1979 war es so weit: Ernest Schneider unterzeichnete den Vertrag, der ihn zum neuen Chef von Breitling machte. Wenig später verstarb sein Vorgänger Willy Breitling. Schneider sah die Quarz-Technologie nicht als Fluch, sondern als eine neue Chance für sein Unternehmen. Er besaß einen Flugschein und ein eigenes Flugzeug. So war sein neues Motto auch weiterhin „Instrumente für Profis zu schaffen”. 

Flugansicht der berühmten italienischen Frecce tricolore. Es sind insgesamt sieben Flieger zu sehen.
Bildquelle: Aeronautica Militare

Breitling-Chronographen für die Frecce Tricolori

Anfang der 1980er Jahre bot sich für Breitling eine große Chance. Das berühmte Kunstflugteam Frecce Tricolori war auf der Suche nach neuen Chronographen für seine Piloten. „Frecce Tricolori“ bedeutet auf Italienisch „Dreifarbige Pfeile“, was auf die italienische Nationalflagge anspielt, die aus den Farben Grün, Weiß und Rot besteht. Diese Farben hinterlässt die Staffel oft als Rauchstreifen während ihrer Flugmanöver.

Frontansicht des Chronographen von Breitling für die Frecce Tricolore.
Bildquelle: Breitling

Dieses Kunstflugteam wurde im Jahr 1961 gegründet und dient als Repräsentant der italienischen Luftwaffe. Es führt Flugshows sowohl national als auch international durch, um die Fähigkeiten der Piloten und die Technik der italienischen Luftfahrt zur Schau zu stellen. 

Breitling-CEO Ernest Schneider beauftragte daraufhin sein Team, einen Chronographen nach den Vorstellungen des Kunstflugteams zu entwickeln. Das neue Modell sollte robust und elegant zugleich sein. Die Italiener wünschten sich eine zuverlässige mechanische Uhr. Diesem Wunsch kam Breitling nach und präsentierte 1983 den Chronographen “Frecce Tricolori” für das berühmte Flugteam.

1984: Die Geburt der legendären Chronomat

Pünktlich zum 100-Jahre-Jubiläum 1984 erschien die erste Chronomat auf dem internationalen Uhrenmarkt. Nun konnten die Fans auf der gesamten Welt die gleichen Modelle wie die kühnen Piloten der Frecce Tricolori tragen. Der Name setzte sich aus den beiden Begriffen “Chronograph” und “Automatik” zusammen. Ein Beweis, dass mechanische Uhren nach wie vor beliebt und gefragt waren und auch im Einsatz für professionelle Aufgaben infrage kamen.

Frontansicht einer der ersten Chronomat aus den 1980er Jahren.
Bildquelle: Breitling
Frontansicht einer der späteren Chronomat mit einem Metallband.
Bildquelle: Breitling

Ein besonderes Merkmal der neuen Chronomat waren die “vier Reiter”, die auf den Drehlünetten jede Viertelstunde angebracht waren. Es war ein technischer Meistergriff von Breitling, denn die umkehrbaren Reiter auf der Lünette dienten dazu, das Glas vor Schäden zu schützen, wenn Piloten die Kabinenhaube öffneten oder die Uhr größeren Stößen ausgesetzt war.

Neben der verbesserten Funktionalität verleihen die Reiter den Uhren auch ein markantes, sportliches Erscheinungsbild, das die jahrelange Verbindung von Breitling zur Luftfahrt und zum Sport betont. Sie ermöglichen es, die Lünette einfacher zu drehen und bieten darüber hinaus visuelle Markierungspunkte für die Zeitmessung, etwa zur Orientierung bei Chronographen.

Heute sind die vier Reiter nicht nur ein Symbol für die technische Präzision und Zuverlässigkeit der Breitling-Uhren, sondern auch Ausdruck einer langen Tradition und eines robusten, funktionalen Designs.

Die Chronomat etablierte sich binnen kürzester Zeit als ein beliebtes Modell und ist auch heute noch in zahlreichen Ausführungen erhältlich. 

 

Darstellung des Systems der vier Reiter anhand einer Zeichnung.
Bildquelle: Breitling
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Die Breitling Aerospace, das Multitalent aus Titan

Doch wie bereits zu Beginn des Artikels erwähnt, legte Breitling-Geschäftsführer Ernest Schneider einen Schwerpunkt auf die digitale Technologie. Diese sollte aber nach wie vor Elemente einer analogen Uhr besitzen.

1985 erschien daher die Aerospace. Dieses Modell hatte eine doppelte, also eine analoge und digitale Anzeige, und das Zifferblatt enthielt zwei LCD-Displays. Alle ihre Funktionen, unter anderem die Chronographen-Zeitmessung, Alarm, Countdown, zweite Zeitzone, sowie der Kalender ließen sich durch bloßes Drehen, Drücken oder Herausziehen der einzelnen Krone aktivieren. Innovativ war auch das Gehäuse, denn es war aus Titan und daher besonders leicht und dennoch sehr robust.

Frontansicht der ersten Aerospace, die 1985 auf den Markt kam.
Bildquelle: Breitling

Théodore Schneiders waghalsige Projekte

Im Jahr 1994 zog sich Ernest Schneider aus dem operativen Geschäft bei Breitling zurück. Sein Sohn Théodore Schneider, der bereits seit längerer Zeit im Unternehmen tätig war, übernahm nun die Verantwortung für die Uhrenmanufaktur aus Grenchen. Dem neuen Geschäftsführer war vor allem Effizienz sehr wichtig. Außerdem forcierte er zwei Projekte, die weltweit für Aufsehen sorgen sollten. Ein Jahr nach dem Amtsantritt präsentierte Breitling die Emergency. Dieses Modell hatte einen integrierten Notrufsender.

Die Emergency war an die Notsignalfrequenz des internationalen Flugverkehrs angeschlossen. Zwei Antennen sorgten für Empfang auch in den entlegensten Gebieten dieser Erde. Bei diesem Projekt arbeitete Breitling eng mit Dassault Electronique zusammen, der Fachabteilung des berühmten französischen Flugzeugherstellers.

Die Entwicklung dieses Modells nahm mehrere Jahre in Anspruch. Bereits 1988 gab es ein ähnliches Modell, das allerdings nur mit einer Antenne ausgestattet war. 2013 erschien eine verbesserte Version, die von da an weltweit bei Rettungseinsätzen zum Einsatz kam.

Frontansicht der Breitling Emergency und die zeichnerische Darstellung des Notruf-Systems der Uhr.
Bildquelle: Breitling

Zum Ende des Jahrtausends gelang Bertrand Piccard und Brian Jones die erste Nonstop-Umrundung der Erde in einem Ballon. Piccard ist ein Schweizer Psychiater, Ballonfahrer und Abenteurer. Sein britischer Kollege Jones ist ein ehemaliger Unternehmer, der sich in seiner Freizeit auf das Ballonfahren spezialisiert hat.

Ansicht des Ballons Breitling Orbiter 3 als er gerade über verschneite Berge fährt.
Bildquelle: Breitling

Ermöglicht wurde dieses Abenteuer durch Breitling. Das Schweizer Uhrenunternehmen finanzierte das Projekt größtenteils. Der Ballon, genannt Breitling Orbiter 3, war eine Mischung aus einem Gas- und einem Heißluftballon.

Die Reise begann am 1. März 1999 in der Schweiz und dauerte insgesamt 19 Tage, 21 Stunden und 55 Minuten. Die Route führte die beiden Piloten über Europa, den Atlantik, den Indischen Ozean, Australien, den Pazifik, Nordamerika und Afrika.

Die Landung erfolgte am 21. März 1999 in der ägyptischen Wüste. Insgesamt legten die beiden Abenteurer 45.633 Kilometer zurück, etwa 5000 Kilometer mehr als der Erdumfang, der 40.075 Kilometer beträgt. Die Nonstop-Umrundung der Erde im Ballon durch Piccard und Jones trug in den folgenden Jahren zur Erforschung und Entwicklung von Luft- und Raumfahrttechnologien bei.

Foto der beiden Ballon-Fahrer Bertrand Piccard und Brian Jones.
Bertrand Piccard (l.) und Brian Jones. Bildquelle: Breitling

25 Jahre nach dieser grandiosen Leistung brachte Breitling die Jubiläums-Uhr Aerospace B70 Orbiter auf den Markt. Durch den offenen Gehäuseboden ist ein kleines Stück des Originalballons zu sehen.

Rückansicht der Aerospace B70 Orbiter, in der ein kleiner Teil das Ballons Orbiter 3 eingearbeitet ist.
Bildquelle: Breitling

2009: Breitling präsentiert sein eigenes Kaliber

Breitling-Geschäftsführer Théodore Schneider setzte sich zum Ziel, die Werke zu verbessern. Sein großes Ziel war, dass sämtliche mechanischen Werke eine Chronometer-Zertifizierung erhalten. Als ersten Schritt veranlasste er, dass die Montage der mechanischen Kaliber nicht mehr extern, sondern direkt bei Breitling erledigt wurde. Schritt für Schritt kam Breitling seinem Ziel näher. 2009 präsentierte Breitling sein erstes eigenes Kaliber, das Caliber 01.

Es ist ein automatisches Chronographenwerk, das sich durch seine Zuverlässigkeit, Präzision und Robustheit auszeichnet. Es ist COSC-zertifiziert und tickt mit einer Frequenz von 28.800 Halbschwingungen pro Stunde (4 Hz), was eine flüssige Bewegung des Sekundenzeigers und hohe Präzision gewährleistet.

Ein Highlight des Kalibers 01 war und ist seine modulare Bauweise, die Breitling erlaubt, das Uhrwerk für verschiedene Komplikationen und Modelle anzupassen. Dies macht es besonders vielseitig und ermöglicht Breitling, es in verschiedenen Spitzenmodellen zu verwenden, darunter die berühmten Navitimer- und Chronomat-Kollektionen.

Detailansicht des Breitling Kaliber 01.
Bildquelle: Breitling

Georges Kern führt das Erbe weiter

2017 übernahm Georges Kern das Unternehmen. Kern studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen. Seine berufliche Laufbahn startete er in der Luxusgüterindustrie. Er sammelte Erfahrungen bei Unternehmen wie Kraft Foods und McKinsey & Company, einer Unternehmens- und Strategieberatung. Kern war vor der neuen Herausforderung bei Breitling 15 Jahre lang Geschäftsführer von IWC.

Unter seiner Leitung stellte sich Breitling breiter auf. „Jünger, weiblicher und bunter“ lautet eine der Devisen, ohne dabei die eigene Historie zu vergessen. Daher gibt es viele der etablierten Modelle in unterschiedlichen Farbgestaltungen und Größen. „Wir haben mittlerweile viele farbenfrohe Modelle. Ich denke, das braucht der Markt auch, vor allem in schwierigen Zeiten wie diesen. Die Leute wollen ein positives Feeling, und das bieten wir an“, erklärt der 59-Jährige. Mit einem Umsatz von 870 Millionen Schweizer Franken im Jahr 2023 liegt Breitling auf dem neunten Platz unter den Schweizer Uhrenmanufakturen. Kern will in den kommenden Jahren 1 Milliarde Schweizer Franken Umsatz erreichen und damit den Sprung in die Top-Fünf schaffen.

Breitling-CEO Georges Kern beim exklusiven Interview mit ALTHERR.
Bildquelle: ALTHERR

Die Verantwortlichen in Grenchen denken bereits an die Zukunft, die mit Vergangenem zu tun hat. Es kam einigermaßen überraschend, dass Breitling Ende des Jahres 2023 die Marke Universal Genève übernommen hat.

Werbesujet eines Chronographen der Marke Universal Genève, vermutlich aus dem Jahr 1952.
Universal Genève

Universal Genève wurde 1894 gegründet und machte sich Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts mit innovativen Designs und technischem Know-how einen Namen. Die Quarzkrise stellte das Unternehmen vor große Herausforderungen und markierte eine Wende in seiner bisherigen Geschichte. Ab 1989 gehörte die Marke zur Stelux-Gruppe aus Hong Kong, die ihr Erbe bewahrte.

„Wir sind überzeugt, dass Breitling hervorragend aufgestellt ist, um Universal Genève zu neuen Höhen zu führen, wie das Unternehmen es auch mit seiner eigenen Marke erfolgreich getan hat“, sagte Joseph Wong, Vorsitzender und CEO der Stelux-Gruppe.

 

Im Rahmen der Watches & Wonders 2024 führte ALTHERR ein exklusives Interview mit Breitling-CEO Georges Kern, in dem er über seine Philosophie, seine Vorlieben bei den Uhren und über weitere Projekte sprach.  

Zum Nachlesen:

Teil 1 der Geschichte von Breitling: Der rasche Aufstieg in der Flugindustrie

Teil 2 der Geschichte von Breitling: Dem steilen Aufstieg folgte eine Krise

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